Unser Wald – er ist unsere Lebensgrundlage und noch so viel mehr. Einmal im Jahr widme ich mich in einem freien Foto-Projekt meinem Herzensthema – der Natur. Anknüpfend an die Idee meines #heimatliebe-Projekts, möchte ich zeigen, welches Wunder wir vor der eigenen Haustür haben und motivieren, dieses zu schätzen & zu schützen. Ich möchte Lust machen, den Wald & seine Kraft zu entdecken und sich an seiner Schönheit zu erfreuen.
Rückbesinnung zur Natur durch die Pandemie
Was ist uns wirklich wichtig? Welche Rolle spielt die Natur für uns? Mit welchen Dingen füllen wir unser Leben – und bereichert uns das am Ende wirklich? All diese Fragen sind meiner Meinung nach essenziell für die eigene Entwicklung, aber auch für eine nachhaltige und gemeinschaftliche Gesellschaft in der Zukunft. Sie werden viel zu wenig gestellt – rücken aber durch die Pandemie zwangsweise in den Fokus.
Viele Menschen besinnen sich nun zurück auf die „einfachen Dinge“ im Leben: Familie, Zeit mit sich selbst – und Zeit in der Natur. Zum Glück ist Deutschland NOCH eines der waldreichsten Länder (in der EU) – der Wald bietet so viel zu Entdecken, so viel Zerstreuung und Möglichkeiten sich zu bewegen. Er lässt uns durchatmen, zu uns kommen und aktiviert unsere Selbstheilungskräfte.
Einmal tief durchatmen
Der Wald filtert unsere Luft, produziert Sauerstoff und reguliert die Temperatur. Für das Klima also unverzichtbar. Und auch für unser Wohlbefinden. Neben der kühlen, frischen Luft, die uns im Sommer eine Abkühlung verschafft, gibt uns der Wald auch die Möglichkeit im wahrsten Sinne des Wortes einmal durchzuatmen, zu uns zu kommen.
Nicht umsonst wird das „Waldbaden“ immer populärer. In Japan wird es als Bestandteil des gesunden Lebensstils gesehen (Bäume senden Botenstoffe, die sog. Terpene aus; diese stärken das Immunsystem und sollen eine positive Wirkung auf den Kortisol- und Blutzuckerspiegel sowie den Blutdruck haben). Natürlich ist es egal, welchen Namen wir dem Ganzen geben. Es geht um Achtsamkeit – mit uns und mit der Natur. Alleine die Geräusche, die Gerüche und die ruhigen Bewegungen im Wald sind für unsere Sinne reine Erholung.
Meine Sicht als Fotografin
Mir als Fotografin hat der Blick durch die Foto-Kamera eine andere Sicht auf die Welt ermöglicht, wofür ich sehr dankbar bin. Ich suche das Licht, besondere Farben und Strukturen. Ich beobachte auf meinen Spaziergängen, wie sich die Landschaft mit den Jahreszeiten verändert und bewundere das Farbenspiel der Bäume. Die schönste Zeit ist für mich natürlich während des Sonnenuntergangs, wenn sich im Wald eine andere, mystische Welt auftut.
Die Kraft des Waldes
Im Vergleich zu anderen Lebensräumen ermöglicht der Wald eine große Artenvielfalt, in Mitteleuropa sind das z.B. rund 4.300 Pflanzen und Pilzarten und mehr als 6.700 Tierarten. Um die Bedeutung des bedrohten Regenwaldes zu verdeutlichen: In den tropischen Regenwäldern leben rund 200.000 Pflanzen und viele Millionen Tierarten (vgl. Stiftung Unternehmen Wald).
Das Wissen über die Kraft der Heilkräuter ist mit der Zeit leider verloren gegangen. In Kräuterwanderungen kann man dieses Wissen wieder erlangen. Seit meiner Kräuterwanderung kann ich zumindest Beifuß erkennen und beeindrucke meine Mit-Spaziergänger mit dem fachgerechten Ernten von Brennesselsamen (super gesund und aromatisch). Die Erntezeit ist übrigens ab September, sobald die Samen sich leicht bräunlich färben.
Urwald in Deutschland
Das kostbare und komplexe Ökosystem Wald wird zerstört durch das Eingreifen des Menschen. Dabei kann sich der Wald ganz gut selbst regulieren – und sich auch dem veränderten Klima anpassen. Ein Wald, der sich ohne Eingreifen des Menschen entwickeln konnte, heißt Urwald. Und so kommt es, dass es tatsächlich auch in Deutschland einige Urwald-Relikte gibt – hauptsächlich an Orten, an denen es für den Menschen schwierig war zu wirtschaften, z.B. an Steilhängen.
Im August 2021 durfte ich dank meines Projekts einige der letzten Urwald-Relikte entdecken: im Nationalpark Kellerwald-Edersee in Nordhessen. Inka Lücke vom Nationalpark und Ranger Markus Daume nahmen mich mit auf eine eindrucksvolle Tour durch das UNESCO-Weltnaturerbe – inklusive vieler toller Geschichten, für die hier leider der Platz nicht ausreicht. Daher meine absolute Empfehlung: Macht doch mal Urlaub in der Region – und bucht eine geführte Wanderung.
Ziel des Nationalparks Kellerwald-Edersee ist es, einen der größten Rotbuchenwälder Westeuropas zu schützen. Und zwar die echten Urwald-Relikte (hier war tatsächlich noch nie ein Mensch; zumindest hat er keine Spuren hinterlassen) gleichermaßen wie neue Gebiete, die sich selbst überlassen werden; so dass sich nach dem Motto „Natur Natur sein lassen“ die Wildnis von morgen entwickeln kann.
Buchen und der Klimawandel
Vermeintlich gibt es noch eine andere Bedrohung für den Wald, neben dem direkten Eingreifen des Menschen (z.B. durch konventionelle Waldwirtschaft). Viele kennen die Bilder von vertrockneten oder abgestorbenen Bäumen im heimischen Wald. Auch hier im Nationalpark gibt es das „Problem“; sogar auf den ersten Blick verstärkt. Im geschützten Nationalpark werden tote Bäume nämlich nicht entfernt, sondern dem natürlichen Kreislauf zurückgegeben.
Tatsächlich ist das Baumsterben nur ein vermeintliches Problem, erklärt mir der Ranger. Stichwort Borkenkäfer: Diese befallen nur kränkelnde Bäume, also hauptsächlich Fichten, die in unseren Breitengraden aber ursprünglich gar nicht heimisch waren, und deshalb geschwächt sind.
Im Wald setzt sich immer die stärkste Baumart, die am besten zum Klima passt, durch. In Mitteleuropa ist das die Buche. Deshalb bestehen Wälder, in denen wenig eingegriffen wird, hier zum größten Teil aus Buchen. Im Urwald gibt es viele Buchen, die über 160 Jahre alt sind. Und die passen sich bereits genetisch an den Klimawandel an. „Die Natur regelt das schon“, da ist sich der Ranger sicher.
Schönste Aussicht auf die Baumkronen
Eine der schönsten Aussichten auf den Kellerwald hat man übrigens vom Baumkronenweg aus. Das Ausflugsziel ist eine Möglichkeit für die ganze Familie den Wald zu erleben (barrierefrei & mit Kinderwagen). Spielerisch können Kinder an verschiedenen Stationen den Lebensraum Wald entdecken.
Die Natur – und im Speziellen der Wald – gibt uns so viel. So viel Schönheit, so viel Kraft. Sie ist essenziell für unser (Über-)leben. Da bleibt die Frage, wenn sie doch eigentlich so einen hohen Stellenwert hat, warum behandeln wir sie dann nicht entsprechend? Warum muss es Demonstrationen und Waldbesetzer geben, die die Politik zum Handeln zu motivieren versuchen?
Einer alleine kann natürlich nicht die Welt retten. Meine Philosophie ist es, dass jeder einen kleinen Teil beiträgt, denn die Summe macht sehr wohl einen Unterschied. Schreib mir gerne, was du beitragen möchtest und ob dich vielleicht etwas von meinem Projekt inspiriert hat.
Mein Foto-Projekt „Unser Wald“ wird gefördert von der Hessischen Kulturstiftung.